„Wie im Reiche Gottes nichts begehrt wird, was nicht gefunden wird, so wird in der Hölle nichts gefunden, was begehrt wird. Den Verdammten wird es da nichts helfen, dass sie in diesem Leben mancher Ergötzungen sich zu erfreuen gehabt haben, ja es wird die Erinnerung daran sie nur noch um so mehr quälen. Den Verdammten wird es nichts helfen, dass sie in diesem Leben in steter Sättigung und Trunkenheit gelebt haben, weil sie dort nicht einmal einen Tropfen Wassers erlangen können Luk. 16,24. Es wird ihnen nichts helfen, dass sie in köstliche Kleider sich gekleidet haben, denn sie werden mit Schmach umgeben, und ihre Leiber werden in Schande gekleidet werden. Es wird ihnen nichts nützen, dass sie in diesem Leben Ehrenstellen eingenommen haben, weil es in der Hölle keine Ehre, sondern ununterbrochenes Seufzen und Schmerzen gibt. Es wird ihnen nichts nützen, dass sie in diesem Leben Reichtum gesammelt haben, weil dort sich alle in gleicher Armut befinden werden. Von dem seligen Schauen Gottes werden sie verbannet sein. Gott nicht schauen übersteigt alle Martern der Hölle. Wenn die in das Gefängnis der Hölle eingeschlossenen Verdammten das Angesicht Gottes sähen, so würden sie keine Strafe, keinen Schmerz und keine Traurigkeit empfinden. So aber werden sie den Zorn Gottes erfahren, und doch das beseligende Antlitz Gottes niemals schauen. Sie werden Strafen leiden von dem Angesicht deß, dessen Angesicht sie doch niemals sehen werden. Der Zorn Gottes wird das Feuer der ewigen Verdammnis fort und fort wie einen schwefeligen Strom entzünden (…). Die Verdammten werden nicht bloß äußerlich durch die bösen Geister gequält werden, sondern auch innerlich durch den Wurm des Gewissens. Alle Sünden ohne Unterschied, die sie jemals begangen haben, werden ununterbrochen ihnen vor Augen stehen. Die Marter wird aber um so heftiger sein, weil die Gnade der Buße ihnen nicht mehr verstattet ist. Wenn die Jungfrauen, die sich bereitet haben, mit dem Bräutigam zur Hochzeit eingegangen sind, so wird sofort die Tür verschlossen werden Matth. 25,10, nämlich die Tür der Vergebung, die Tür der Erbarmung, die Tür des Trostes, die Tür der Hoffnung, die Tür der Gnade, die Tür der heiligen Bekehrung. Die Verdammten werden schreien und sprechen zu den Bergen und Felsen: Fallet auf uns und verberget uns vor dem Zorne des Lammes Off. Joh. 6,16; aber ihr Schreien wird umsonst sein…“ (Johann Gerhard)
„Wo man nach seinem eignen Willen lebt, da sucht man Freude ohne und außer Gott. Eine solche Freude aber trägt im Verborgenen in sich das schrecklichste Gift, den furchtbarsten Tod, weil sie eine Feindschaft und Verachtung des Schöpfers ist. Sie ist unsicher, unstet und mit einer geheimen Bangigkeit verbunden, und mit dem Tod hört sie ganz auf. Denn da wird einer solchen Seele alles genommen, was sie liebte; sie verliert die eigene Ehre, den eigenen Ruhm und alle sinnlichen Genüsse. Und von der Wand des Leibes losgetrennt, hinter der sie sich bisher vor sich selber versteckt hatte, erkennt sie immerdar, was sie hätte sein sollen, und was sie durch ihre Schuld geworden ist. Da fängt sie sich denn an zu hassen, und aus dem Hass gegen sich selbst entspringt der Hass gegen Gott, der ihr das Dasein gegeben. Sie wünscht erbittert, dass er nicht sein möchte, damit auch sie nicht wäre. Aber nicht bloß sich und Gott, auch alle andere Kreaturen hasst sie, weil sie Gottes sind. Und da sie nun weder sich, noch Gott, noch die Kreaturen vertilgen kann, so übersteigt ihr Elend alle Grenzen. Nimmer kann sie ruhen, nimmer zu denken aufhören, und das Gedächtnis ihrer Sünde gießt immerfort Öl auf das Feuer ihres Jammers, das in alle Ewigkeit brennt.“
Raymund (+1436)