„Die Schöpfung ist die äußerliche Handlung der ganzen Dreieinigkeit, in welcher Gott alle geschaffene Dinge, sichtbare und unsichtbare, in dem Zeitraume von sechs Tagen, nach seinem völlig freien und guten Willen aus Nichts gemacht hat.“ (Leonhard Hutter)
„Was glaubst du, wenn du sprichst: Ich glaube an Gott Vater, den Allmächtigen, Schöpfer des Himmels und der Erde? Dass der ewige Vater unseres Herrn Jesu Christi, der Himmel und Erde samt allem, was darinnen ist, aus nichts erschaffen hat und dieselben durch seinen ewigen Rat und seine Vorsehung erhält und regiert, um seines Sohnes Jesu Christi willen mein Gott und mein Vater sei, auf den ich so vertraue, dass ich nicht zweifle: Er wird mich mit allem, was ich an Leib und Seele brauche, versorgen, und alles Übel, das er mir in diesem Jammertal zuschickt, so wenden, dass es gut für mich ist, weil er es als ein allmächtiger Gott tun kann und als ein treuer Vater auch tun will.“ (Heidelberger Katechismus)
„Allmächtiger, ewiger Gott, Vater, Sohn und heiliger Geist, ich danke dir, ich preise dich, ich rühme dich, dass deine Hände mich gearbeitet haben und mich ganz gemacht, was ich um und um bin! Wie Leimen hast du mich in meiner Mutter Leibe gebildet, wie Milch hast du mich gemolken, und hast mich wie Käse gerinnen lassen; mit Haut und Fleisch hast du mich bekleidet, und mit Knochen und Nerven hast du mich zusammengefügt; Leben und Wohltat hast du an mir getan, und dein Aufsehen hat meinen Odem bewahret. Diese deine große Barmherzigkeit gegen mich will ich ewiglich lobpreisen, deine Güte will ich unaufhörlich mit Gesängen rühmen; du hast mich in meiner Mutter Leibe beschützt. Ich will dich preisen, dass ich wunderbar gemacht bin, wunderbar sind deine Werke, und das erkennet meine Seele wohl. Es war dir mein Gebeine nicht verholen, das du im Verborgenen gemacht hast, da du mich mit mancherlei Gliedmaßen geziert hast unten in der Erde. Deine Augen sahen mich, da ich noch unbereitet war, und es waren alle Tage auf dein Buch geschrieben, die noch werden sollten, und deren noch keiner da war. Aber wie köstlich sind vor mir, Gott, deine Gedanken; wie ist ihrer so eine große Summe! Sollte ich sie zählen, so würde ich ihrer mehr finden, denn des Sandes am Meer. Du hast mir deine Barmherzigkeit erzeigt, ehe ich dieselbe einsah; du bist mir mit deinen Wohltaten zuvorgekommen, ehe ich sie begehrte; deine Güte hat mich umfasst, ehe ich für dieselbe dankte. Du bist es, der mich nicht nur wunderbar in der Mutter gebildet, sondern mich auch aus meiner Mutter Leibe gezogen hat; du bist meine Hoffnung von meiner Mutter Brüsten an. Auf dich bin ich geworfen aus Mutterleibe; du bist mein Gott von meiner Mutter Leibe an. So oft ich daran denke, dass viele, ehe sie zum Tageslicht und zur Lebensluft hervorkamen, im Mutterleibe zu Grunde gingen, so oft bewundere und preise ich deine Erbarmung, die mich aus diesem Kerker lebendig und unverletzt auf den Schauplatz dieser Welt geführt hat. Wie viele Jahre sind vorübergegangen, in denen ich nichts war! Dir aber hat es gefallen, mir dieses Wohnhaus an meinem Körper aufzubauen, und mich aus jener Tiefe und Finsternis des Mutterleibes herauszuziehen. Du hast mir eine vernünftige Seele gegeben, du hast gewollt, dass ich ein Mensch, nicht ein Stein oder eine Schlange, sei. Für diese deine Barmherzigkeit sei dir, mein Gott, Ehre und Preis in Ewigkeit! Amen.“ (Johann Gerhard)
„Ich danke dir, allmächtiger und barmherziger Gott, dass du mich von den ersten Tagen meines Lebens an wunderbar erhalten hast! Nackend bin ich in diese Welt gekommen; du hast mich nach deiner Güte gekleidet. Hungrig bin ich in diese Welt eingetreten; du hast mich bisher reichlich geweidet. In dir lebe, webe und bin ich; ohne dich falle ich in Nichts zurück und sterbe. In dir biege und bewege ich meine Glieder; ohne dich kann ich kein Leben und Bewegung haben. Dein ist die Sonne, die mir das Licht gibt, das ich täglich mit meinen Augen erblicke; dein ist die Luft, die ich beständig atme; dein ist der Tag, dein die Nacht, die mir wechselweise zur Arbeit und zur Ruhe dienen; dein ist die Erde, deren Früchte mich durch deine große Güte nähren; dein sind alle Kreaturen im Himmel, in der Luft, auf Erden und im Meer, zu meinem Nutzen und Dienst bestimmt; dein ist das Silber, dein das Gold; was ich zur Erhaltung dieses Lebens brauche, das habe ich alles aufs Reichlichste aus deinen Händen empfangen. Wie freigebig bist du gegen das menschliche Geschlecht, o Gott! Alles hast du einst zum Nutzen der Menschen geschaffen; alles erhältst du heute noch um der Menschen willen. Alles, was du an den Kreaturen tust, das tust du mir, weil du sie alle um meinetwillen wunderbar bildest, ausrüstest und erhältst. Einige Kreaturen dienen mir zur Aufwartung, einige zur Ernährung, einige zur Bekleidung, einige zur Heilung, einige zur Züchtigung; alle aber zur Lehre und Unterweisung. Wer könnte jene mannigfaltigen Arten von essbaren Dingen aufzählen, die du geschaffen hast, und heute noch uns zur Speise aus der Erde hervorbringst? Wer könnte jene verschiedenen Gattungen von Kräutern herzählen, die du jährlich, uns zur Heilung aus der Erde hervorrufst? Wer könnte alle verschiedenen Arten von Tieren mit Worten fassen, die zum Nutzen des Menschen geschaffen sind und ihm dienen? Dir sei Lob und Ehre in Ewigkeit, der du der Schöpfer und Erhalter aller Dinge bist! Ohne dich, du wahre Sonne, würde ich wie ein Schatten verschwinden; ohne dich, du wahres Leben, würde ich augenblicklich dahinsterben; ohne dich, du wahres Wesen, würde ich plötzlich in Nichts zerfallen. Dir allein verdanke ich, dass ich bin, dass ich lebe und mich bewege. Dir allein will ich daher leben und anhangen in Ewigkeit! Amen.“ (Johann Gerhard)
„Siehe, o Herr, ich bin, weil du mich geschaffen hast, und dass du mich schaffen und unter deine Kreaturen zählen wolltest, hattest du vorher bestimmt von Ewigkeit, noch ehe du den Himmel ausspanntest und die Tiefen legtest; noch ehe die Erde gemacht, die Berge gegründet und die Quellen geöffnet waren. Und wie komme ich dazu, gütigster Herr, höchster Gott, gnädigster Vater, wie habe ich solches verdient? Ich war nicht und du schufst mich, ich war nichts und du riefst mich aus dem nichts ins Dasein. Du hättest mich zu einem Wassertropfen, einer Feuerflamme, einem Vogel oder Fisch, zu einer Schlange oder irgendeinem wilden Tier, zu einem Stein oder Holz machen können. Aber nein, deine Güte hat mich über alle Dinge gesetzt, hat mir nicht bloß Leben und Gefühl, sondern auch Verstand gegeben; sie hat mich zur würdigsten Kreatur erhoben und nur um ein Geringes unter die Engel gestellt.“
Soliloquia (Augustini)
„Alle Kreatur ruft dir zu: empfange und bezahle; empfange die Wohltat, bezahle die Schuld! Der Himmel spricht: Ich schaffe dir das Tageslicht, dass du wachen, die Finsternis der Nacht, dass du schlafen und ruhen magst; ich bringe zu deiner Erholung die Annehmlichkeit des Frühlings, die Hitze des Sommers, die Fülle des Herbstes, die Kälte des Winters; ich mache die Nächte bald lang, bald kurz, damit der Wechsel dich vor Überdruss bewahre und die Ordnung dir zur Lust gereiche. Die Luft spricht: Ich teile dir den Lebensodem mit und stelle alle Arten von Vögeln zu deinem Dienst. Das Wasser sagt: Ich gebe dir zu trinken, reinige deine Flecken, befruchte das Trockne und Dürre und schenke dir eine Menge von verschiedenen Fischen. Die Erde spricht: Ich trage dich, ich nähre dich, kräftige dich mit Brot, erfreue dich mit Wein, labe dich durch mancherlei Früchte, fülle deinen Tisch mit mancherlei Tieren. Die ganze Welt sagt: Siehe, wie hat dich der geliebt, der mich dir zum Dienst gestellt hat; denn ich bin um deinetwillen geschaffen, damit auch du dem dienen mögest, der mich um deinet- und seinetwillen geschaffen hat. Empfindest du nun die Größe solcher Wohltat, so bezahle den gebührenden Dank!“
Raymund (+1436)