THEODIZEE

 

„Nun, die Vernunft will allezeit Gott hofmeistern, ob er Fug und Recht habe, will Gott messen nach ihrem Gesetze und Gedanken. Gott sollte säuberlicher handeln und nicht also erschrecken, sondern auf die und jene Weise es machen, und stellt Gott also ein Gesetz vor. Aber das musst du aus deinem Kopfe lassen, wenn du von Gott reden willst, dass du kein Gesetz oder Maß auf Gott gebest; denn er ist nicht eine Kreatur, er ist unermesslich. Dem Menschen ist ein Maß gesetzt, ich soll so und so tun; mein Leben ist endlich, es kann gefasset werden, und hat eine Regel, Maß, Weise und Gesetz. Da du mit Gott also auch handeln wolltest, so hast du Gottes gefehlt. Denn was da mit Gott vorgenommen wird nach Gesetz, Maß und Ziel, das trifft nicht zu. Die Vernunft kann nicht höher, denn dass sie gedenkt: Also, und nicht anders sollte Gott es machen, und urteilt bald also, spricht: Ist es doch nicht gut, dass man verstockt? Und macht ihm also ein Maß; sie meint, Gott sei wie ein Mensch, dass man von Gott als von Menschen urteile. Also versteht es die Vernunft nicht, und will doch klug sein und von Gott richten. Aber Gott gibt dir Gesetze, und nimmt von dir keines; er steckt dir ein Ziel, und du nicht ihm. Darum ist es nicht recht, dass du es also willst, und also für recht und gut ansiehst, sondern wisse, dass er es also will haben und also gebeut; sein Wille ist gesetzt über alle Gesetze. Wenn er spricht: Ich will es also haben, dann so ist es über alle Gesetze, denn er ist ein unendlicher Gott, und hat es Macht und Fug. Sagt man aber: Ja, ich verstehe es nicht, dass es gut sei, dass er verstockt. Ja, Lieber, vor deinen Augen ist es böse; meinst du, dass du Gott seiest? Gott hat kein Maß, Gesetz oder Ziel (wie gesagt), darum so kann er dawider nicht tun, er kann wider Gesetz nicht sündigen, dieweil ihm keines vorgestellt. Derhalben ist es gut alles, was er tut.“ (Martin Luther)